Hochwasserschutzmaßnahmen 2021-2023 an der LOSSE in Kassel-Bettenhausen

Quelle: Text, Abbildungen, Bilder und Gliederung von Dipl.-Ing. Detlef Wagner, Projektleiter Gewässer bei KASSELWASSER in Sachgebiet Grundstücke / Gewässer vom 15.03.2023

Aktuelle zweidimensionale hydraulische Berechnungen der Überschwemmungsflächen der Losse im Stadtgebiet von Kassel sowie Abflussereignisse der Vergangenheit haben gezeigt, dass die hydraulische Leistungsfähigkeit der Losse gering ist. So kommt es bereits bei Abflussereignissen mit hoher Jährlichkeit zu Ausuferungen und damit verbundenen Überschwemmungen von Infrastruktureinrichtungen, gewerblicher als auch privater Bebauungen. Für die Gewässerunterhaltung im Stadtgebiet ist KASSELWASSER zuständig. Basierend auf den o. g. Tatsachen sowie aufgrund der Forderung der politischen Gremien sowie betroffener Anlieger Maßnahmen zum Hochwasserschutz zu ergreifen, wurden unter Federführung von KASSELWASSER Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Hierbei wurden verschiedene Szenarien untersucht.

Aktuell laufenden Planungen durch den Wasserverband Losse (WV Losse), in dem KASSELWASSER die Anliegen der Stadt Kassel vertritt, zum Bau von zwei Hochwasserrückhaltebecken (HRB) östlich der Ortslagen Helsa und Oberkaufungen. Sollten diese Maßnahmen umgesetzt werden, würde dies zu einer deutlichen Absenkung der Abflussspitze eines im statistischen Mittel einmal in einhundert Jahren auftretenden Abfluss-ereignisses (HQ100) führen. In einer durch das Ing.-Büro WAGU GmbH im Auftrag des Wasserverbandes Losse erarbeiteten hydrologischen Studie wurde aufgezeigt, dass mit Bau der beiden Rückhaltebecken, die ein Gesamtvolumen von rd. 1,10 Mio. m³ ergeben, die Abflussspitze eines HQ100 der Losse im Stadtgebiet von Kassel von rd. 97 m³/s auf rd. 74 m³/s reduziert werden könne. Diese Scheitelreduktion würde ohne weitere Maßnahmen trotzdem noch zu erheblichen Ausuferungen im Stadtgebiet von Kassel führen. Mit der Einrichtung von Retentionsräumen in einer Größenordnung von rd. 232.000 m³ unmittelbar östlich von Kassel und zusätzlichen umfangreichen Objektschutzmaßnahmen sowie linienhaften Schutzvorkehrungen im Stadtgebiet könne dann die Abflusswelle eines HQ100 schadfrei durch den Kasseler Stadtteil Bettenhausen abfließen.

Basierend auf den vorbeschriebenen Ergebnissen der im Auftrag des WV Losse erarbeiteten hydro-logischen Studie erfolgte durch KASSELWASSER und dem Ingenieurbüro WAGU GmbH eine umfangreiche Untersuchung zu potentiellen Standorten von Rückhaltebecken östlich von Betten-hausen sowie westlich der Bundesautobahn A 7, im sogenannten Eichwald. Hierzu wurden verschiedene Beckenstandorte auf ihren Rück-halteeffekt sowie der baulichen Realisierung intensiv untersucht, Restriktionen (BAB A7, Trinkwassergewinnungsanlagen ‚Eichwald’, etc.) beleuchtet und in diversen Behördengesprächen abgewogen. Die Konzeption von Kleinstrückhalten im Bereich Eichwald musste trotz intensiv geführter Gespräche und Untersuchungen aufgrund der dort befindlichen Trinkwassergewinnungsanlagen verworfen werden. Von Seiten der Oberen Grundwasserbehörde des Regierungspräsidiums Kassel sowie dem Betreiber der Trinkwassergewinnungsanlagen wurde abschließend die Genehmigungsfähigkeit zum Bau des Rückhaltebeckens als nicht realisierbar erachtet.

Daraus resultierend müssten linienhafte Maßnahmen, wie Leitdämme und -mauern zum Hochwasserschutz für ein HQ100, die aus städtebaulicher Sicht nicht vertretbar wären, errichtet werden. Zumal das wesentliche Problem das Herstellen der Lückenschlüsse im Bereich von Privatgrundstücken innerhalb der Bebauung das größte Problem sein würde.

Diese Punkte wurden mit der zuständigen Oberen Wasserbehörde des Regierungspräsidiums Kassel erörtert. Anhand einer zweidimensionalen Strömungsberechnung verschiedener Abflüsse der Losse für den Kasseler Stadtteil Bettenhausen wurde in Abstimmung mit der OWB als maßgeblicher Lastfall, für den punktuelle linienhafte Maßnahmen als realisierbar erachtet werden, ein Abfluss von 40 m³/s festgelegt. In den nachfolgenden Maßnahmenplanungen galt es daher Lösungen zu erarbeiten, bei denen im Falle des Auftretens des o. g. Abflusses es nicht zu Schäden an Gebäuden oder sonstigen infrastrukturellen Einrichtungen kommt.

Insgesamt wurden vier Abschnitte lokalisiert (vgl. Abbildung 1), für die detaillierte Planungen für den Genehmigungsentwurf erarbeitet wurden.

Die Gesamtinvestitionskosten der geplanten Maßnahmen belaufen sich nach der aktuellen Kostenberechnung und unter Berücksichtigung der ingenieurfachlichen Planungsleistungen inkl. Sonderleistungen auf rund 1,3 Mio. € (brutto).

Für diese vier Teilbereiche wurden entsprechende Maßnahmen zum Hochwasserschutz festgelegt.

Ausgeführte Arbeiten in 2021 und 2022 durch die Firma Fr. Richter aus Kassel

Abschnitt I (Station km 1+630 bis km 1+940)

Um bei Abflüssen von 40 m³/s ein Überströmen des linksseitigen Vorlandes im Bereich der Bebauung „Lossestraße 148“ und den nach Norden hin angrenzenden Grundstücken zukünftig zu vermeiden, wurde in Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden der Aufbau einer Stahl-betonmauer entlang der jetzigen Trasse der Leitplanke als sinnvollste Lösung erarbeitet. Die Mauer ist aus Gründen der städtebaulichen Einbindung mit Abdeckplatten aus Sandstein verkleidet, um besser in das Ortsbild eingebunden zu sein.

Die hydraulischen Berechnungen zeigen auch, dass es unmittelbar oberwasserseitig der Lossebrücke im Bereich der Sandershäuser Straße 60 zu Ausuferungen in das rechte Vorland kommt. Die in der Abbildung 3 zeichnerisch dargestellte Planung sah für diesen Bereich den Aufbau einer rund 27 m langen Schutzmauer vor. Die Mauer wurde in der Trasse der bereits vorhandenen Flurstücksgrenze geplant.

In Abbildung 3 sind im linken Bild die zu erwartenden Einstauflächen für den Bestand und im rechten Bild die sich aufgrund der ausgeführten Maßnahmen zu erwartenden Einstau- bzw. Ausuferungsflächen bei einem Belastungsabfluss von 40 m³/s dargestellt. Dies zeigt den zusätzlich erforderlichen Objektschutz einzelner Gebäude in diesem Abschnitt.

Abschnitt II (Station km 1+985 bis km 2+250)

Um die Gebäude im beidseitigen Lossevorland bei Abflüssen von 40 m³/s zukünftig schadfrei zu halten, wurde im Bereich der „Buttlarstraße“ von Station km 1+970 bis Station km 2+070 eine Schwer-gewichtsmauer mit aufgehender Schutzwand errichtet.

Diese wurde genauso, wie im Abschnitt I mit Sandsteinverblendung versehen, um die Mauer besser in das Ortsbild einzubinden.

Diese wurde genauso, wie im Abschnitt I mit Sandsteinverblendung versehen, um die Mauer besser in das Ortsbild einzubinden.

Auf Höhe von Station km 2+070 bis 2+145 wurde auf dem Gelände des städtischen Spielplatzes eine Verwallung als Schutzeinrichtung aufgebaut.

In der Abbildung 5 ist die luftseitige Begrenzung der Verwallung dargestellt. Hier wurden großformatige prismatische Steine derart eingebaut, dass sie einerseits die luftseitige Wallflanke absichern und andererseits als Sitzsteine fungieren können.

Abschnitt IV (Station km 3+250 bis km 3+330)

Die in der Abbildung 6 (oben) dargestellte Maßnahmenplanung sah den Aufbau einer Verwallung auf dem städtischen Flurstück 45/5 in Flur 8 der Gemarkung Bettenhausen (Kassel) vor. Die Verwallung, die rund 65 cm über das aktuelle Gelände ragt, wurde aus bindigem, gut verdichtbarem Material hergestellt. Die wasserseitige Böschungsflanke wurde im Fußpunktbereich mit Schotterrasen gegen Erosion aufgrund von Hochwasser-abflüssen gesichert. Die beidseitigen Böschungen sind mit einer Neigung von rund 1:3 angelegt. An den östlichen und westlichen Anschluss-punkten läuft die Verwallung in dem Gelände aus.

Weitere Maßnahmen sind Vorkehrungen zum Objektschutz einzelner Gebäude in diesem Bereich.
Abschnitt km 3+250 bis km 3+330

Weitere ausgeführte Arbeiten in 2022/2023:

Einzelne Objektschutzmaßnahmen auf betroffenen Grundstücken in allen Abschnitten.
Quelle: Dipl.-Ing. Detlef Wagner, Projektleiter Gewässer bei KASSELWASSER in Sachgebiet Grundstücke / Gewässer vom 15.03.2023